April 2005 Umweltbrief.org Aufhebung des Bankgeheimnis > erneute Geldflucht! _________________________________________________ Ab April können Finanzämter unter "bestimmten Bedingungen" auf Stammdaten aller Konten in Deutschland automatisch zugreifen! Ämter und Agenturen bekommen Zugriff auf alle Lebens- und Vermögensdaten. Begründet wird der Eingriff in die im Grundgesetz zugesicherte Privatsphäre mit dem Kampf gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und natürlich: Terrorismus. Doch die Leidtragenden sind Studierende, Rentner, Kinder-, Wohn-, Arbeitslosen- und Sozialgeld-Empfängerinnen und Empfänger. BAföG-Stellen, Sozialämter, Finanzämter und die Bundesagentur für Arbeit können dann flächendeckend Kontostände überprüfen. Ein Anfangsverdacht oder ein richterlicher Beschluss sind dann nicht mehr nötig. Zugriff haben schon jetzt Polizei, Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung, Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter, Strafgerichte. Und ab 1. April [kein Scherz!] nun auch Arbeitsagentur, Sozialamt, Wohnungsamt, Familienkasse, Bafög-Amt, die für das Bundeserziehungsgeld zuständigen Stellen und Gerichte. Wichtig: Das Finanzamt kann bei der Bank auch unmittelbar umfangreichere Auskünfte einholen, Leistungsbehörden haben diese Möglichkeit nicht. Da die Ämter ihre Erkenntnisse jedoch untereinander austauschen, kommen auch Sozialamt, Bafög-Stelle oder andere Stellen an die Kontostände. >>> Jeder elektronische Transfer wird in den Unterlagen festgehalten und hinterlässt damit Spuren! Der Zoll meldet den Steuerbehörden, wenn er mehr als 15.000 Euro Bargeld gefunden hat. Bei Postsendungen aus der Schweiz oder Liechtenstein nach Deutschland dürfen die Beamten außerdem Stichproben durchführen. Die Schweiz, Österreich, Luxemburg und Belgien haben sich entschieden, statt Kontrollmitteilungen an die Heimatbehörden des ausländischen Bankkunden zu verschicken lieber Quellensteuer von ihm zu erheben. Das strikte Schweizer Bankgeheimnis bleibt erhalten. Dafür behält das Geld-Gastland (Österreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg) von den Zinserträgen eines ausländischen Anlegers ab 2005 15%, ab 2008 25% und ab 2011 35%. Drei Viertel dieser Steuer führen die Schweiz, Österreich, Luxemburg und Belgien an das Heimatland des Anlegers ab. Vor dem hohen Steuersatz in Ihrem Land zu fliehen ist unter Schweizer Gesetzen kein Verbrechen. Mehr als 150 Milliarden Euro sind allein von deutschen Kunden auf Schweizer Depots gebunkert. Und laufend werden es mehr, zumal es unzählige Offshore-Länder gibt! Kundenberater zweier Schweizer Banken empfehlen in verdeckt aufgenommenen Kundengesprächen, Schwarzgeld möglichst noch vor dem 1. April in die Schweiz zu transferieren. In den Kundengesprächen gaben die Berater auch konkrete Tipps, wie sich Schwarzgeld aus Deutschland in die Schweiz mit möglichst geringem Risiko transferieren lässt. Zudem boten sie dem Informanten von REPORT MAINZ im Kundengespräch Anlageprodukte an, um auch künftig nicht die EU-Zinssteuer zahlen zu müssen. Diese Zinssteuer von zunächst 15% soll ab 1. Juli auf Zinserträge deutscher Kunden in der Schweiz erhoben und nach Deutschland abgeführt werden. Es sei denn, man hat eine Lebensversicherung, abgeschlossen im Fürstentum Liechtenstein. Die Police ist vollkommen steuerbefreit und gemäss Versicherungsgesetz absolut geheim... Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium Barbara Hendricks, SPD, hat die Beratungspraxis Schweizer Großbanken scharf kritisiert. Sie will gegen diese Form der Anlageberatung Schweizer Banken jetzt politisch vorgehen. „Da die Schweiz nicht Mitglied der Europäischen Union ist und nicht Mitglied des europäischen Wirtschaftsraums, ist sie an vielen Stellen angewiesen auf das Entgegenkommen der Staaten der Europäischen Union und wir werden dies gegebenenfalls als Druckmittel einsetzen müssen.“ http://de.indymedia.org/2005/01/103208.shtml http://focus.msn.de/finanzen/banken/bankgeheimnis http://www.swr.de/report/aktuell/index.html >>> Deutschland gehört vermutlich zu den größten Verlierern der Steuerflucht in der EU. Das Wohlstandswachstum in Deutschland geht ohnehin spürbar zurück. Die Alterung der Gesellschaft, steigende Ausgaben für Gesundheit und Rente, die (schleichende) Inflation des Euro und Outsourcing haben massive Auswirkungen auf den Wohlstand der deutschen Privathaushalte. Spätestens ab 2015 wird das Wachstum des Nettogeldvermögens sich verlangsamen. Dies könnte den privaten Konsum und das Wirtschaftswachstum spürbar treffen. Und kein anderes Land in Europa hat eine so hohe effektive Steuerbelastung wie Deutschland (36,1%). Wenn der Staat (weil er selbst sehr schlecht haushaltet, sich bei den Kosten für die Wiedervereinigung verkalkuliert und überschuldet hat) die BürgerInnen (und gerade die ärmeren) doppelt und dreifach besteuern und sie völlig gläsern machen will, während die Konzerne meist völlig von Steuern verschont bleiben, ist es logisch, dass auch das private Geld ins Ausland wandert. Zinsen und Renditen dienen dem Inflationsausgleich und der Erhaltung der Kaufkraft der BürgerInnen! Besser wäre es also, auf die Zinssteuern zu verzichten und hunderte von Milliarden Euro im Land zu behalten! Solange die Transparenz lediglich einseitig gefordert wird, kann kein Vertrauen zueinander und untereinander entstehen. Übrigens: Unternehmen, die ins Ausland ziehen ("outsourcen"), können die entstehenden Kosten hier von der Steuer absetzen!