August 2008 Umweltbrief.org Glück vom Konsum abkoppeln __________________________ In Europa haben wir vor 40 Jahren mit einem Viertel des heutigen Energieumsatzes pro Person ziemlich gut gelebt. "An unendliches Wachstum in einer endlichen Welt glauben nur Verrückte und Ökonomen" (Kenneth Boulding, Ökonom, 1910 bis 1993). Dass just dieses Wachstum das Problem sein könnte, wird immer noch verdrängt, obgleich schon das EU-Weißbuch 1993 auf unser falsches Entwicklungsmodell aufmerksam machte: Wir rationalisieren seit 200 Jahren in ungebremstem Tempo, ersetzen menschliche Arbeitskraft durch Energie- und Rohstoffaufwand und handeln uns damit Arbeitslosigkeit und Umweltkrise gleichzeitig ein. Zudem pflegen wir einen Innovationswahn: Statt die Technik auf die wesentlichen Lebensbedürfnisse zu beziehen, erfinden wir laufend neue Spielzeuge. Um diese dann zu vermarkten, werden bis dahin nicht existierende Bedürfnisse durch die Werbung neu erzeugt. Unsere "Wunder der Technik" aber sind das Ergebnis einer beispiellosen Verschleißwirtschaft. Sie basieren auf fossilen Energieressourcen und unbegrenzter Vermüllungsbereitschaft. Wir ignorieren diese Desaster, indem wir uns politisch einer Wachstumsökonomie unterwerfen, die sich unter dem Stichwort "Globalisierung" als eine Art Naturgesetz anpreist. Sie deklariert die fossile Dinosaurier-Technik weiter zum Problemlöser und nimmt den Erfindungsgeist von Ingenieuren als Geisel: Sie sollen unter ständig steigendem Kostendruck Techniken erfinden, die uns das Weiterfeiern der Party ermöglichen. Leider machen die meisten da immer noch eifrig mit - und einige verdienen gut daran. Die kapitalistische Wachstumswirtschaft wurde uns durch jahrzehntelanges propagandistisches Trommelfeuer als einzig mögliche dargestellt - sich ihr anzupassen, erscheint als "Realismus". Wettbewerb, Rendite etc. werden als alternativlose Antriebsmechanismen vorausgesetzt. Damit wird die Welt in unseren Köpfen so "gestaltet", dass - wie Orwell es in "1984" formuliert - "alle anderen Arten zu denken unmöglich gemacht werden". Die "Wirklichkeit erster Ordnung", also die physikalisch-ökologische, wird verdrängt. Jetzt holt sie uns ein. Wo liegt der Ausweg? Abgesehen von der nötigen intellektuellen Dekonstruktion des Neoliberalismus geht es darum, echte Alternativen in Ökonomie und Technik zu finden - und zwar jenseits der Gebetsmühle, sie müssten sich "rechnen". Kenneth Boulding hat dafür eine schöne Metapher geprägt: Wir brauchen eine "Raumfahrer-Ökonomie", die mit begrenzten Ressourcen arbeitet. "Fortschritt" ist damit jene soziale und technische Innovation, die die Vorräte weitgehend unangetastet lässt und den Verwertbarkeit erhöht. Also: Weniger Produktion und weniger Verbrauch - bei gleichzeitig besserer Erfüllung der menschlichen Bedürfnisse. Beispiele sind systematisches Remanufacturing zur Wiederverwendung von IT-Hardware, Elektrogroßgeräten etc., dezentrale erneuerbare Energiewandlung für den regionalen Bedarf, Mobilitätskonzepte im Wechsel zwischen öffentlichen Netzen und individuell angepassten Fahrzeugen auf Elektro-Basis mit über 90% Wirkungsgrad, Kreislaufsysteme für alle Techniken, die stoffliche Ressourcen nutzen. Diesen Systemen wird jeweils die geeignete Ökonomie mitgegeben, wie zum Beispiel die "Mikro-Finanzierung" von "Solar Home Systems" nach dem Modell des Nobelpreisträgers Yunus für Menschen ohne Netzanbindung. Damit werden wir in den "Industrienationen" viele Gewohnheiten aufgeben müssen, insbesondere unsere Verwechslung von Glück mit ständig steigendem Konsum. Mehr bei http://www.taz.de/digitaz/2008/07/21/a0117.nf/text Das Hauptproblem scheint darin zu liegen, dass wir alle nur lernen, in einer Gesellschaft glücklich zu werden. Was wir dabei nicht lernen, ist glücklich zu SEIN. 77 Glück-Zitate aus 4 Jahrtausenden bei http://www.einfachbewusst.de/2014/03/glueck-zitate/